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Ist es wirklich immer eine Unterstützung, wenn uns bekannte Gesichter im Publikum sitzen?

Endlich war es wieder möglich! Es gab wieder Publikum bei den Schwimm-Wettkämpfen! Und schon bei der Weltmeisterschaft in Budapest konnten wir so einige deutsche Fahnen erkennen, einige Freundinnen und Freunde und Familienangehörige der deutschen Athlet*innen waren mitgereist und haben die Schwimmer*innen von der Tribüne aus angefeuert und mitgefiebert. Und auch bei der Europameisterschaft in Rom waren einige Freunde und Familien mitgereist und haben von der Tribüne aus unterstützt.

Aber ist es wirklich immer eine Unterstützung, wenn uns bekannte Gesichter und uns liebe Menschen im Publikum sitzen? Oder kann es vielleicht auch eher stören und ablenken?

Ich erinnere mich gerne an Szenen aus meiner Zeit als Kinderhandballtrainerin, wo die Kleinen mitten im Spiel einfach stehen bleiben und nach oben zu Oma auf die Tribüne winken.

Der Einfluss von Freunden und Familien im Publikum ist unterschiedlich. Es gibt Athlet*innen, die davon sehr profitieren und ihre Leistungen sehr gut abrufen können. Es gibt aber auch andere, bei denen es nicht so ist.

Was genau unterscheidet denn die Athlet*innen? Oder gibt es vielmehr Verhaltensweisen oder Einstellungen, an denen wir festmachen können, ob die lieben Menschen im Publikum eher fördern oder eher stören?

Athlet*innen, die auch mit Angehörigen im Publikum ihre Leistung abrufen können, schwimmen den Wettkampf nur für sich.

Hingegen schwimmen Athlet*innen, die eher weniger vom Publikum profitieren, den Wettkampf um ihre Angehörigen im Publikum zu beeindrucken. Das bedeutet, dass sich das Motiv fürs Schwimmen ändert. Und das Motiv, andere zu beeindrucken, kann dann eher hindern, da er gedanklich beim Publikum bzw. den Personen, die dort sitzen ist.

Dann ist es so, dass erfolgreiche Athlet*innen ganz in den Wettkampf eintauchen. Der Fokus ist ganz beim Wettkampf, bei der eigenen Strategie. Nichts und niemand lenkt hier mehr ab. Die Athlet*innen sind also voll und ganz bei der Sache.

Abgelenkte Athlet*innen hingegen sind immer wieder gedanklich bei den Personen im Publikum. Sie machen sich z.B. Gedanken darüber, was diese Personen gerade denken, wie diese Personen das wohl gerade finden, was er oder sie da gerade machen. Auch das sind Ablenker, die hindern, Leistung abzuliefern. Denn um leisten zu können, muss ich eben voll auf die Sache konzentriert bleiben, eben fokussiert sein.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Angst vor Fehlern. Athlet*innen, die abliefern, haben keine Angst vor Fehlern.

Athlet*innen, die hingegen Angst haben, insbesondere vor ihrem Publikum Fehler zu machen, können ihre Leistung nicht so gut abliefern. Die Angst vor Fehlern hindert. Hier spielen dann oft auch wieder die in den Kolumnen schon häufiger genannten dysfunktionalen Gedanken eine Rolle. Und auch das gedankliche Beschäftigen mit möglichen Fehlern lenkt schlichtweg einfach ab.

Der unterschiedliche Umgang mit möglichen Geräuschen aus dem Publikum zeichnet ebenfalls erfolgreiche oder eben auch nicht erfolgreiche Athlet*innen aus.

Erfolgreiche Athlet*innen nehmen Geräusche aus dem Publikum nicht wirklich wahr. Sie sind fokussiert, bei ihrer Strategie, in ihrem Wettkampf. Alles andere passiert nur am Rand, wird allenfalls nur unterbewusst wahrgenommen.

Die weniger erfolgreichen Athlet*innen nimmt jedes Geräusch wahr. Neben den Gedanken, die internale Ablenker sind, sind Geräusche aus dem Publikum externale Ablenker. Und das ist dann leider wieder etwas, das die Aufmerksamkeit vom eigentlichen, dem Wettkampf und dem Schwimmen, wegschiebt und dann im Becken ebenfalls Sekunden kostet.

Natürlich sind Freunde und Familien im Publikum mentale Unterstützung. Es tut gut, zu wissen, dass da jemand im Publikum sitzt, der einem wohlgesonnen ist, der für einen brennt und einen nach vorne brüllt. Aber: man sollte sich auf keinen Fall für die Zeit des Wettkampfes zu sehr ablenken lassen.

Hier nochmal zusammengefasst:

  1. Den Wettkampf für sich schwimmen und nicht, um andere zu beeindrucken
  2. Voll und ganz in den eigenen Wettkampf eintauchen und nicht darüber nachdenken, was andere gerade über mich denken
  3. Keine Angst vor Fehlern
  4. Fokussiert bleiben, nicht von Geräuschen und Rufen ablenken lassen
Eure Franka